Als unabhängige Zentralbank der Eurozone ist es das Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB), die Preisstabilität zu gewährleisten. Dabei strebt die EZB eine Inflationsrate von knapp unter 2% an, um stabile Preise und eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. Wenn die Inflation jedoch über dieses Ziel hinausgeht, hat die EZB eine Reihe von Maßnahmen, die sie ergreifen kann, um sie zu reduzieren.
Eine Möglichkeit besteht darin, den Leitzins zu erhöhen. Hierbei handelt es sich um den Zinssatz, zu dem Banken Geld von der Zentralbank leihen können. Wenn die EZB den Leitzins erhöht, steigen auch die Zinssätze, die Banken ihren Kunden berechnen, was zu höheren Kreditkosten und einem geringeren Kreditangebot führen kann. Dies wiederum kann die Nachfrage und somit auch die Inflation senken.
Ein weiteres Instrument, das die EZB nutzen kann, ist das Anleihekaufprogramm. Hierbei kauft die EZB Staatsanleihen von Ländern der Eurozone auf, um die Liquidität im Finanzsystem zu erhöhen und die Zinssätze zu senken. Eine Senkung der Zinssätze kann dazu beitragen, die Investitionen und somit die Nachfrage anzukurbeln, was langfristig zu einer Senkung der Inflation führen kann.
Die EZB kann auch direkte Interventionen am Devisenmarkt vornehmen, um den Wert des Euro zu senken. Wenn der Euro an Wert verliert, steigen die Preise für importierte Güter und Dienstleistungen, was die Inflation erhöht. Durch den Verkauf von Euros auf dem Devisenmarkt kann die EZB den Kurs des Euro senken und somit die Inflation senken.
Nach einer jahrelangen Durststrecke musste die Europäische Zentralbank einsehen, dass eine Anhabung des Leitzinssatzes angebracht war. Eine Inflation in lange nicht mehr gesehener Höhe lässt hier auch keine andere Wahl. nach einer ersten Erhöhung folgt nun der zweite Schritt auf dann 1,25 Prozent. Immer noch ein sehr moderater Wert, wenn man sich historische Daten anschaut. Aber zumindest ein klares Signal an die Märkte, auf deren Reaktion jetzt zu warten ist.
Da für 2023 mit einer Rezession zu rechnen ist, tut sich die EZB schwer, noch stärker zu intervenieren. Gleichwohl ist sie durch ähnliche Schritte der FED unter Druck gesetzt, und das wichtigste Ziel der EZB ist nun einmal nicht die Förderung von Wirtschaftswachstum, sondern die Preisstabilität.
„Das, was typischerweise Rallys zum Entgleisen bringt, ist die Inflation“, meint der Chef des größten Staatsfonds der Welt, Nicolai Tangen in einem Interview mit dem Manager Magazin (Nr. 03/2021). Der norwegische Staatsfonds konnte 2020 eine um 0,27 Prozentpunkte höhere Rendite als der Index erzielen. Man scheint sich dort also auszukennen.
Wie aber lässt sich die Inflation in der gegenwärtigen Lage wieder „einfangen“? Wie werden sich die gigantischen Summen, die zur Überwindung der Coronakrise staatlicherseits (plus durch die EZB) in den Markt gepumpt wurden, wieder einfangen? Droht hier nicht ein massives Inflationsrisiko mit Auswirkung über alle Assetklassen?
Der Wirtschaftsweise Volker Wieland hält nun Inflationsraten für denkbar, „die zum Jahresende in einzelnen Monaten auch mal drei Prozent betragen können“, zitiert ihn die Wirtschaftswoche (Nr.12/2021 an 19.03.2021). Der private Konsum nahm 2020 um 6,5 Prozent ab – Geld, das die Konsumenten in den meisten Fällen nun auf der hohen Kante haben und gerne ausgeben möchten, wenn der Spuk der Pandemie endlich vorbei ist. Auch viele Investitionen wurden gestreckt oder verschoben, nicht nur, aber natürlich insbesondere in Hotel- und Gastgewerbe und weiteren, besonders hart getroffenen Branchen.
In ihrer heutigen Sitzung haben die EZB-Banker um (Noch-) Präsidenten Mario Draghi ihren Negativzinskurs fortgesetzt. Nicht nur bleiben die Leitzinsen auf die Einlagen für private Anleger bei Null Prozent, darüber hinaus werden die Negativzinsen, die Banken auf ihre Einlagen auf den Notenbank-Konten zahlen müssen, von 0,4 auf 0,5 Prozent steigen. Banken werden daher noch weniger gewillt sein, auf Einlagen privater Anleger positive Zinsen zu gewähren.
Auch wenn der Schritt klein ist, macht er doch deutlich, dass die EZB von ihrer Politik des billigen Geldes nicht abkehren möchte, im Gegenteil. Dies wird durch die zweite wichtige Entscheidung der Zentralbanker untermauert: Künftig steigt die EZB wieder in den Ankauf von Wertpapieren ein, 20 Milliarden Euro sind hierfür vorgesehen – monatlich!
EZB macht offen Finanzpolitik
Strafzinsen und massive Eingriffe der EZB in den Geldmarkt, die von Kritikern nicht mehr als Zentralbankmaßnahme, sondern als nicht mehr vertragskonforme Maßnahme, mithin als Eintritt in die Finanzpolitik (in diese Richtung hatte Bundesbankpräsident Weidmann argumentiert, der die rennlinie zwischen der Geldpolitik und der Finanzpolitik als verwischt sieht) angesehen werden, lassen nichts gutes erhoffen. Zinsen sind jedenfalls weit und breit nicht zu sehen.
Mehrere Verbraucherzentralen Bundesländer möchten gegen willkürlich berechnete Zinsen bei langfristigen Sparverträgen vorgehen, berichtet die F.A.Z. in einem Bericht. Banken haben gemäß Gesetzen und Rechtsprechung die Möglichkeit, ihre Zinssätze an das Marktniveau anzupassen. Das erfordert aber entsprechende Regeln in den Sparverträgen oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die so klar sein müssen, dass Kunden die Zinsänderungen überprüfen und kalkulieren können. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sieht hier ganz aktuell ein Problem in der Nachvollziehbarkeit und hat in 43 Fällen nachgewiesesen, dass die Transparenzanforderungen des Bundesgerichtshofs nicht eingehalten werden.
Verbraucherzentrale informiert Bafin
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat die zuständige Aufsichtsbehörde, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), hierüber in Kenntnis gesetzt. Auf F.A.Z.-Anfrage teilte die Bafin mit, dass ihr das Problem nicht nur aufgrund von Informationen von Verbraucherschützern schon länger bekannt sei, sondern auch aufgrund von Beschwerden von Verbrauchern direkt bei der Finanzaufsicht.
Das nicht enden wollende Niedrigzinsniveau auf dem deutschen und europäischen Markt führt dazu, dass Banken und Sparkassen mit Tricks und Kniffen versuchen, auch in bestehende Produkte einzugreifen und die Rendite gegen Null – und auch darunter – zu senken. Erst ein „normaler“, d.h. deutlich positiver Leitzins der EZB und ein Verzicht der Zentralbank auf darüber hinausgehende Eingriffe in den Markt könnten dazu führen, dass das Zinsniveau für private Anleger (ergo die Festgeldzinsen) sich wieder in einer Größenordnung bewegt, an die man sich über jahrzehnte gewohnt hatte. Der jetztige Zustand ist aus vielen Gründen ungesund.
Laut der neuesten Einschätzung des IFO-Instituts wird sich die konkunkturelle Entwicklung in Deutschland merklich eintrüben. Für das zuende gehende Jahr 2018 wird von einem Wirtschaftswachstum von nur noch 1,5 Prozent ausgegangen, und die Prognose für 2019 liegt bei 1,1 Prozent. Hiermit wurde die bisherige Prognose, die für 2019 ein Wachstum von 1,9 Prozent voraussah, deutlich nach unten korrigiert.
„Die durch die Auto-Industrie ausgelöste Schwächeperiode zieht sich noch bis 2019 hin“, sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Die konkurrierenden Forschungsinstitute DIW und IfW sind etwas optimistischer und sehen 2019 ein Wachstum von 1,6 bzw. 1,8 Prozent auf Deutschland zukommen. Hochkonjunktur ist in jedem Fall aber anders!
Alle Institute sehen in der schwachen Entwicklung der Automobilindustrie, also des klassischen deutschen Exportmotors, die Hauptursache für das schwache Wachstum. Problematisch ist, dass die diese die Umstellung auf den neuen Abgasstandard zum 1. September nicht geschafft hat und viele Fahrzeuge „auf Halde“ gelagert werden müssen.
Dementsprechend gaben die Aktien der Autowerte in den letzten Monaten massiv nach und zogen den Aktienindex DAX nach unten.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat in seiner heutigen „Rede zur Lage der Europäischen Union“ vor dem Europäischen Parlament auf aktuelle Mißstände hingewiesen, aber auch einen Blick in die Zukunft gewagt. Interessant ist in diesem Zusammenhang, was er zur Gemeinschaftswährung Euro mitzuteilen hatte.

Foto: Andreas Morlok @ aboutpixel.de
Aktuell haben 19 der 28 EU-Staaten die Gemeinschaftswärhung Euro eingeführt. Juncker schlägt nun vor, dass alle Länder den Euro übernehmen sollen – was notwendiog sei, „wenn wir wollen, dass der Euro den Kontinent eint, statt spaltet“.
Er bringt hierfür ein „Vorbeitrittsinstrument“ ins Gespräch, das Ländern technische und finanzielle Hilfen ermöglichen soll, um sie an den Euro-Beitritt heranzuführen. In Frage hierfür kämen alle EU-Mitglieder ohne Eurowährung, die nicht eine EInführung vertraglich (durch Protokolle) ausgeschlossen haben, also: Bulgarien, Kroatien, Polen, Rumänien, Schweden, Tschechien und Ungarn.
Euroeinführung ist vertraglich vorgesehen
Hierbei bezieht er sich – was vielleicht nicht jedem klar ist – auf den “ Vertrags über die Europäische Union“ (die die-facto Versassung der EU). Dort ist unter Artikel 3, Absatz 4 nachzulesen: „Die Union errichtet eine Wirtschafts- und Währungsunion, deren Währung der Euro ist.“ Eine Einführung ist also für alle vorgesehen, der Zeitpunkt lässt sich aufgrund der jeweiligen volkswirtschaftlichen Situation jedoch hinauszögern.
Mit Ausnahme von Schweden sind alle Kandidaten wirtschaftlich, zum Teil sehr weit, weit unter dem EU-Durchschnitt. Bulgarien hat eine Sonderrolle, seine Währung ist bereits seit etwa zwanzig Jahren an den Euro bzw. zuvor an die D-Mark gekoppelt. Zwar eint die genannten Länder, dass sie eine, verglichen mit Griechenland und Italien, sehr solide Haushaltspolitik führen und sich die Staatsschulden im Rahmen halten. Doch sind alle diese kleinen Volkswirtschaften in einem Aufholprozess, der durch die Einzwängung in das Eurokorsett unterbrochen werden könnte. Und in welcher Höhe Heranführungsmittel angedacht sind, ist noch völlig unklar.
Der Kurs des Euro ist im Verhältnis zum US-Dollar auf den tiefsten Stand des Jahres gefallen. Die ausgeprägte Dollar-Stärke hat seit der Wahl des neuen US-Präsidenten Donald Trump zugenommen. Der Eurokurs erreichte gestern mit 1,0668 Dollar den tiefsten Stand seit Dezember 2015.
Trump-Erfolg bleibt nicht wirkungslos
Der triumphale Wahlerfolg von Donald Trump hat den Dollar im Vergleich zu anderen Leitwährungen deutlich gestärkt. Die Schwäche des Euro zum Dollar ist jedoch kein neues Phänomen, sondern seit April 2014 zu beobachten: Seinerzeit mussten für einen Euro noch 1,38 Dollar aufgebracht werden. Heute sieht es danach aus, dass Anfang 2017, wenn Amerika einen neuen Präsidenten hat und dieser seine Investitionsankündigungen in Taten umsetzt, eine Dollar-Euro-Parität möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich ist. Eine solche Parität gab es noch nie seit der Euro-Einführung. Analysten der Deutschen Bank sehen den Euro Ende 2017 sogar nur noch bei 0,95 US-Cent.

President-elected, ab 20. Januar 2017 im „mächtigsten Amt der Welt“: Donald Trump (Foto: Gage Skidmore)
Der Euro hat sich aber auch gegenüber anderen wichtigen Währungen wie dem Pfund oder dem Yen gab der Euro schwächer entwickelt. Die Europrobleme sind also nicht nur mit externen Effekten zu erklären, vielmehr Ausdruck einer strukturellen Schwäche.
US-Staatsanleihen bringen noch Zinsen
In diesem Zusammenhang gewinnt die Anlage in Fremdwährungen immer mehr Anhänger. Wer etwa amerikanische Staatsanleihen kauft, erhält hierfür eine Verzinsung, die deutlich über den deutschen Staatsanleihen liegt (bei einer Laufzeit von 10 Jahren aktuell 2,2 Prozent gegenüber 0,29 Prozent für deutsche Euroanleihen). Durch den möglichen Kursverlust des Euro zum Dollar kann sich noch einmal gutes Geld verdienen lassen. Natürlich ist auch eine Bewegung in die andere Richtung möglich.
Ausblick auf 2017
Neben einer neuen US-Führung wird auch der Verlauf des Brexit direkte und indirekte Auswirkungen auf das europäische Wirtschaftsumfeld bringen. Und Bewegung in den Märkten führt zu Chancen, die risikofreudige Anleger ergreifen können. Etwas besseres als 0,29 Prozent (und damit ein realer Wertverlust, da die Inflation in Deutschland gerade ansteigt und im Oktober bei 0,8 Prozent lag) sollte sich immer finden lassen, etwa mit einem Währungsanlagekonto. Viel Erfolg!